Sophias Geschichte: Retinoblastom

 

Zuerst aufgefallen ist mir das reflektierende Katzenauge. Allerdings konnte man das nur von einen bestimmten Winkel aus erkennen. Es leuchtete auch nur ganz kurz und man hat es nicht immer gesehen. Dann auf den Rückweg aus unserem Urlaub lass ich den Artikel in der Apothekenzeitschrift Baby und Familie von Manuela Ceresa. Plötzlich viel mir dieser weiße Fleck den ich auf Sophias Pupille zwei-dreimal gesehen hatte wieder ein und war sehr erschrocken.

Beim zeigen der Urlaubsfotos war auf allen Fotos nichts zu erkennen. Sie blickte in die Kamera und alles schien in Ordnung. Nur auf einem einzigen Foto, wieder aus diesem bestimmten Blickwinkel, war der weiße Punkt zu erkennen (Foto mit Dirndl). Das eine Auge rot, das erkrankte Auge weiß.

 

Ich teste die Sehkraft meiner Tochter kurz vor dem zu Bett gehen mit einem Spiel. Ich hielt ihr abwechselnd die Augen zu und sie sollte mir sagen, was ihre große Schwester ihr vor die Nase hielt. Als ich das linke Auge zu hielt, rief sie plötzlich: „Ich kann gar nichts sehen!“

 

Am nächsten Tag, ein Sonntag, bin ich in die Rettungsstelle des Rudolf Virchow Krankenhauses in Berlin gefahren. Dort gibt es eine Augenklinik.

Nach 4 Stunden Aufenthalt mit warten und Untersuchung mit Ultraschall, war nun klar: Die Netzhaut war schon abgelöst und Sophia auf dem rechten Auge bereits erblindet. Hier fiel vom Arzt zum ersten Mal das Wort: Retinoblastom.

 

Wir wurden sofort für den nächsten Tag an das Benjamin Franklin Krankenhaus in Berlin Steglitz überwiesen. Der behandelnde Arzt Dr. Willerding konnte uns nach der ersten Untersuchung leider auch nicht viel Hoffnung geben. Auch wenn man das MRT und die Augenuntersuchung im OP abwarten müsste, müssten wir damit rechnen, dass das Auge entfernt werden muss.

 

Es folgte eine ganze lange Woche bis zum OP Termin in der wir und unsere große Tochter sehr verzweifelt waren. Zu wissen das das eigene Kind mit drei Jahren erblindet ist, dann mit großer Wahrscheinlichkeit Krebs hat und das Auge verliert…….Unbeschreiblich!

Dazu die Angst das das zweite Auge auch betroffen sein kann und der Krebs schon in den Körper übergegangen ist……….

 

Sie wurde für die OP fertig gemacht. Verabschiedung vor dem OP Raum. Nach 20 Minuten kommt der Dr. und sagt uns was wir die ganze Zeit befürchtet hatten. Das was er sehen konnte, ist nichts Gutes. Danach wird sie zum MRT gefahren. Was folgte war warten…….

Nach 11 Stunden sitzen wir im Auto auf dem Weg nach Hause. Wir sind vollkommen k.o. Die MRT Bilder haben es bestätigt:

Retinoblastom (Kinderaugenkrebs).

 

Der Tumor ist 15 mal 17 mm groß. Ein dreiviertel des Auges ist betroffen. Der Tumor ist flockig, was eine Chemo erschwert bzw. nicht möglich macht. Die Netzhaut ist bereits abgelöst, bereits erblindet. Für das Kind ist eine Augenentfernung die Chance zu überleben!

 

Zum Glück: Das zweite Auge ist gesund und muss aber alle viertel Jahre kontrolliert werden.

 

Eine Woche später weiß die Familie, Bekannte und Freunde über Sophias Erkrankung bescheid. Auch die Kita wurde in Kenntnis gesetzt und Sie sind alle sehr betroffen. Jeder bestätigt mir, er hätte nichts bemerkt. Sie ist nicht gestolpert, war beim turnen, kann balancieren. Sie hat keine Schmerzen! Keine besonderen Auffälligkeiten!

Selbst den weißen Fleck hat nie einer gesehen. Nicht einmal kurz vor der OP ist er gleich mit bloßem Auge zu erkennen. Nur ich Mama, ich kann ihn sehen!

 

Wie erklärt man seinem 3 ½ jährigen Kind, dass es sein Auge verlieren wird? Das es ein Glasauge bekommt? Wie wird ihr Leben weitergehen?

Beruf, Führerschein, die erste Liebe? Viele Gedanken gehen einem durch den Kopf. Sogar dieser: Sie wird keine 3 D Animationsfilme im Kino so erleben können wie ihre Freunde!

 

Das einzig Gute: Sie hat keine Schmerzen und das linke Auge hat das Sehen schon komplett übernommen!  Das macht es ihr leicht.

Uns Eltern, der Schwester und den Großeltern leider nicht……….

 

Wir sagen ihr, dass ihr rechtes Auge kaputt ist. Es muss raus und in den Mülleimer geworfen werden, damit sie dann ein tolles neues Auge bekommt. Kind gerecht eben erzählt……

 

Der Tag der OP. Abschied nehmen vor dem OP Raum. Die Tür schließt sich und ich denke nur: „Das war das letzte mal, das ich sie mit ihre eigenem Auge gesehen habe.“ Wir verbringen die Wartezeit draußen im Park, danach auf der Kinderstation. Schwere Stunden. Dann darf ich in den Aufwachraum zu ihr. Sie brüllt und weint, will den Zulauf in ihrer Hand raus haben. Das ich bei ihr bin, kümmert sie jetzt nicht. Die Schwestern hatten sich das gedacht, aber ich wusste schon von der ersten OP, das sie nach dem aufwachen Theater wegen des Zulaufs macht. Sie entscheiden sich den Katheter zu entfernen, vorher bekommt sie noch einmal was zur Beruhigung und schläft ein. Dann folgen fast 1 ½ Stunden warten neben ihrem Bettchen im Aufwachraum mit allen möglichen Patienten um uns herum. Sie trägt ein großes Pflaster über dem Auge.

 

Wir erhalten ein Zimmer auf der Kinderstation. Bis zum Abend erbricht sie sich andauernd und eine Kinderärztin entscheidet, dass sie einen Zulauf in den Fuß bekommen muss, damit sie Flüssigkeit bekommt.

Über Nacht ist sie am Tropf, erhält Schmerzzäpfchen. Den nächsten Tag liegt sie nur, schläft und fängt langsam wieder an zu trinken und zu essen. Nun erhält sie auch Augensalbe.

 

Am dritten Tag ist sie Morgens noch sehr schlapp. Wir sollen in die Sehschule. Mein Mann und ich müssen noch Blut abgenommen bekommen für die humangenetische Untersuchung. Erstaunlich schnell fit ist sie plötzlich und wir dürfen noch zum Abend die Klinik verlassen.

Mir wird noch gezeigt wie ich Salbe einbringen soll und sie erhält eine leichte Augen-kompresse.

 

Zwei Tage später müssen wir wieder zur Kontrollunteruchung. Leider schwillt die Bindehaut stark an und es besteht dadurch eine Gefahr der Bindehautaustrocknung. Der Doktor entscheidet: Sie muss noch einmal in den OP. Sie wird mit einer festen Augenkompresse, die sie nun drei Tage lang tragen muss, am gleichen Tag noch entlassen. Im Auge befindet sich jetzt eine schwarze geschlossene Schale die nach 7 Tagen entfernt wird.

 

Nun sieht die Bindehaut viel besser aus und 2 Wochen später haben wir einen Termin beim Prothetiker.

Leider will sie das provisorische Glasauge nicht einsetzen lassen und mit festhalten und viel weinen, klappt es dann doch. Der erste Blick in den Spiegel. „Wie sieht das neue Auge aus?“, fragt der Prothetiker und sie antwortet: “Schön!“

Uns fällt ein Stein vom Herzen.

 

Bis zu ihrem eigenem Glasauge heißt es jeden Abend weiterhin Salbe einfügen. Zum Schutz des gesunden Auges trägt sie in der Kita eine Brille mit Kunststoffgläsern. Das findet sie prima, weil diese von Prinzessin Lilifee ist.

 

Sie schläft mit der Prothese, geht in die Kita und es geht ihr gut. Die Untersuchungsergebnisse besagen, dass es ein einseitiges Retinoblastom ist und der Sehnerv noch nicht betroffen war. In drei Monaten muss sie wieder zur Kontrolluntersuchung mit Narkose in die Klinik.

 

Die humangenetischen Untersuchungsbefunde haben wir noch nicht erhalten, das kann bis zu 3 Monaten dauern.

 

Dank des Berichtes aus der Baby und Familie von Manuela Ceresa wäre ich wohl nicht so schnell auf diesen bösartigen Augen-Krebs-Tumor aufmerksam geworden und wer weiß, wie sich der Krebs in den nächsten Wochen, vielleicht Monaten, dann noch entwickelt hätte.

 

Manuela, ich bin Dir unendlich dankbar!

 

 

RB-Behandlung in Österreich (Geschichte von Flo): 
 

Unsere Geschichte begann eigentlich im Frühjahr 2001.

Florian– damals 1,5 Jahre alt begann zu schielen. Es war ein leichtes schielen. Wir dachten uns nichts Besonderes dabei und waren der Meinung, dass die seitlich verlaufenden Augenmuskeln nur zu schwach für ein gerades Sehen waren. Auch 2  Bindehaut-

entzündungen machten uns nicht stutzig. Das schielen wurde immer ärger, und wir gingen zum Augenarzt. Da Florian ansonsten eher sehr lebhaft war, und überall herumkletterte, auch beim so genannten Turm bauen war er nicht ungeschickt, machten wir uns nicht die geringsten Sorgen.

Beim Augenarzt erfuhren wir, dass er bereits auf einem Auge blind war, und das andere auch schon so genannte Seh- Einbußen hatte. Nur den Grund der Erblindung konnte der Arzt nicht feststellen, da er nicht über die geeigneten Instrumente verfügte. Wir wurden in ein Krankenhaus überwiesen. Dort wurde nach einem Schädel CT und einem Blick auf die Netzhaut der Augen ein beidseitiges Retinoblastom festgestellt. Umgehend wurden wir dann nach Graz (auf eigenen Wunsch!) überwiesen. Dort wurden weitere Untersuchungen gemacht und der Verdacht auf RB bestätigt. Zu Diesem Zeitpunkt war Florian gerade 2 Jahre alt geworden.

Es wurden die Therapie besprochen und die sah folgendermaßen aus: Enuklierung des linken Auges (das bereits blind war, und in dem 4 Tumore waren wobei einer davon 1 cm betrug. Die Netzhaut war zu ¾ abgelöst darum sah Florian auf diesem Auge nichts.) und die Erhaltung des Rechten Auges wo nur 2 Tumore waren.

Es war ein großer Schock für uns, dass ein Auge herausgeschnitten werden sollte. Wir wollten versuchen,  da bei dem MR keine Metastasen nachweisbar waren, das linke Auge zu erhalten und

beschlossen im Konsens mit den Ärzten zuerst eine Chemotherapie einzuleiten und dann je nach Befund weiter zu entscheiden, ob es dann doch enukliert wird oder ob man es noch erhalten kann. Die Chancen für das linke Auge, je wieder etwas zu sehen, waren sehr gering. Niemand wusste wie lange es bereits die Sehkraft verloren hatte.

Egal – wir wollten es auf jeden Fall versuchen.

Nach der ersten Chemotherapie war der 1cm große Tumor auf 6 mm geschrumpft! Auch eine Chryotherapie wurde angewandt und auch die anderen Tumore begannen zu schrumpfen.

Die Chemotherapie wurde von Florian sehr gut vertragen. Als dann die Zeit kam, wo der Ruthenium Applikator  eingesetzt wurde, war es am schlimmsten für uns. Florian litt unter starker Lichtempfindlichkeit und sehr starken Schmerzen. Es wurde ihm Dipidolor gegeben. Ein starkes Opiat, ohne diesen war es nicht möglich, einen einigermaßen akzeptablen Tagesablauf zu haben. Während der Zeit, wo das Ruthenium eingesetzt wurde, waren wir ständig auf der onkologischen Station. Es mussten 3x täglich die Augen eingetropft werden, was nicht zur allgemeinen Erheiterung unseres Kindes beitrug. Es war fürchterlich!

Nach der Rutheniumbehandlung, wurde wieder eine Chemo- gegeben, und unser Kind sah nun mehr als nur bemitleidenswert aus – Ein Häufchen Elend - .

Während der Chemotherapien  isolierten wir uns so ziemlich von der Außenwelt. Es gab keine Besuche von Freunden und auch unsere Familien – Opas und Omas wurden selten unsere Gäste. Nur Spaziergänge mit Mundschutz wurden unternommen. Auch Geschäfte und Lokale wurden gemieden. Unser älteres Kind, lebte sehr oft bei den Großeltern, da es zu diesem Zeitpunkt noch in den Kindergarten ging, und die Ansteckungsgefahr  für Florian zu groß war.

Jetzt kam aber der schwierigste Teil  des Ganzen: Nun musste man das rechte (bessere Auge) abpicken, um das linke Auge das bereits erblindet war, überhaupt wieder in Betrieb nehmen zu können. (Uns wurde erklärt, dass bei kleinen Kindern das schlechter sehende Auge automatisch vom Gehirn ausgeschaltet wird, und das Kind dann nur mehr mit dem so genannten besseren Auge sieht!)  Das war nun unsere Aufgabe – das Auge musste wieder sehen lernen.

Eine Sehfrühförderung wurde beantragt, und nach ein paar Wochen hatten wir eine hervorragende Sehfrühförderin für Florian organisiert. Nach sehr großen Anfangsschwierigkeiten schafften wir es doch mit Beharrlichkeit das Auge wieder sehen zu lassen. Florian fährt (mit okludiertem Auge) wieder mit dem Rad, klettert auf Bäume, fährt Ski, läuft auf Eis und so

weiter. Bis zum heutigen Tag okludieren  wir das rechte Auge mindestens 4 Stunden und Florian sieht recht gut damit. Auch eine Brille war bis dato nicht notwendig.

Nun kam der nächste Schock:

Wir mussten zur Humangenetik, wo uns erklärt wurde, dass unser Kind einen Gen Defekt hat, wir jedoch nicht. (Dies wurde mittels Bluttest herausgefunden!). Auch in unseren Familien war nicht ein einziger Fall mit RB bekannt! Sogar unser älteres Kind, hat keinen Defekt. Auch alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen wurden uns mitgeteilt.

Nach wie vor müssen wir zu Nachsorgeuntersuchungen und hoffen, dass Florian Rezitiv - frei bleibt

Die Angst, dass ein Rezitiv alles bisher Geschaffte zunichte macht ist immer noch da. Auch, dass durch den Gen Defekt meines Kindes weitere Krebserkrankungen folgen.

Der Grund warum unser Kind bis heute noch beide Augen hat ist der, dass wir Glück und ein hervorragendes Ärzteteam in Graz haben, und ich möchte hiermit  Prof. Urban (Onkologie) und Prof. Langmann (Augenklinik) mit ihrem gesamten

Ärzteteam danken,  die sich  wirklich sehr um das Wohlergehen der kranken Kinder kümmern, und alles in ihrer Macht stehende versuchen, um uns Betroffenen zu helfen.

Ich hoffe, dass unsere Geschichte anderen Betroffenen Mut macht und zeigt, dass man mit so einer Krankheit nicht alleine da steht.

 

Krankengeschichte von Thomas Richter:

 

Ich bin im Juni 1972 geboren, nach dem ich rund um die Augen (ich weiß leider nicht ob eins oder beide) ganz gelblich war, ist meine Mutter zum Augenarzt gegangen. Wie lange es dann gedauert hat bis ich in der Essener - Uniklinik gelandet bin, weiß ich leider nicht. Im Dezember 1972 war ich erstmals in der Klinik vorstellig. Mein linkes Auge war ganz gelb und entzündet, sie konnten kaum reinschauen. Ich muss Anzeichen einer Entzündung gehabt haben, da man mich erst mal in die Kinderklinik gebraucht hatte, um mich zu stabilisieren. Gute 4 Wochen später wurde mir bei einer Narkoseuntersuchung (NKU) das linke Auge entfernt. Der Pathologischbefund zeigte, dass es durch und durch mit Tumoren besetzt war. Zudem halt die Entzündung. Es gab kaum eine Stelle ohne Tumor. Ob das rechte Auge zu diesem Zeitpunkt schon einen Tumor hatte, kann ich nicht genau sagen, da es nicht ganz so leicht für mich ist, alle Informationen aus der Akte in zeitlicher Abfolge zubringen.

 

Die Kinderklinik wollte dann, dass ich 6 Wochen später noch mal an der Lunge geröntgt werde, da es wohl einen Schatten gab. Zum Glück beruhte dieser auf einen Infekt oder ähnlichem, ich hatte keine Metastasen.

  

Wo mir das linke Auge entfernt wurde, lag ich 2 Tage in der Uniklinik, anschließend noch 1 ½ Monat, wegen des gesundheitlichen Zustands aufgrund des linken Auges.

 

Am rechten Auge stellte man erst 3 Tumoren, kurze Zeit später den 4. Tumor fest. Das war im Dezember 1972. Die 4 Tumoren wurden mit Lichtkoagulation behandelt. Vom Anfang März 73 bis Anfang Mai 73 lag ich in der Strahlenklinik, wo verschiedene Bestrahlungs-Therapien angewandt wurden. Leider ist die Qualität der Kopie teilweise so schlecht, dass ich diese nicht genau lesen kann. (Sie wurden damals noch mit Schreibmaschine geschrieben). In der Strahlenklinik sagte man mir am 02.2011, dass ich wohl insgesamt 4 verschiedene Bestrahlungsarten hatte. Eine Bestrahlungsart wurde damals Neu für RB ausprobiert und schnell wieder eingestellt. Der Arzt meine, dass eventuell eine Schwerhörigkeit vorkommen könnte.

 

September 73 Cryo-Koagulation Behandlung, eines noch aktiven Tumors. Im Oktober wurde an 2 Tagen eine Cryobehandlung durchgeführt. Der Tumor war anschließend noch eindeutig nachweisbar. November 73 der Tumor wird mit Cryo- und Lichtkoagulation behandelt. Im Januar 1974 wurde ich 6 Tage mit einem GD Co-Augenapplikator nach Stollardvom Typ CKA 2 bestrahlt. Mir sagt dass nicht viel, außer das diese Therapie operativ auf das Auge gesetzt wird.

 

Danach waren keine neuen Tumoren mehr dazugekommen. Ich war 1988 also mit fast 16 Jahren das letzte mal in der Uniklinik zur Kontrolle. Die letzte NKU war denke ich mit 13 oder 14 Jahren. Das ist heute wohl früher vorbei. Ich gehe heute zweimal im Jahr zum Augenarzt, dabei wird einmal im Jahr die Netzhaut gespiegelt.

 

Durch die Behandlung erlitt ich 1983 einen Grauenstar. 1986 als ich fast blind war, wurde dieser in Essen-Werden mit Laser zerstört und abgesaugt. Eine Kunstlinse habe ich nicht, da es damals diese erst ab ein Alter von 60 Jahren gab. Ich war erst 13 Jahre alt. Mich wollte erst niemand operieren, da es ein hohes Risiko gab, dass das Auge zusammenfällt. Ist gut gegangen und ich sah danach mit einer dicken Brille 10 Prozent. Es ist von Anfang an ein sogenannter Nachstar vorhanden gewesen. Aufgrund des Risikos bei der Op konnten die Ärzte nicht so gründlich vorgehen. Der Nachstar hat sich nicht weiter ausgedehnt.

 

Zudem bin ich, seit ich denken kann, Nachtblind und sehr stark Lichtempfindlich. Beim lesen oder am Computer benötige ich einen starken Kontrast.

 

Ende 1993 hatte ich, eventuell durch einem Gerstenkorn verursacht, eine Entzündung in einer Entzündung. Dies hatte mein damaliger Augenarzt so auch noch nicht gesehen. Da er nicht wusste, welche Augenklinik in meinem Fall die richtige ist, hat er das Auge für mehr als eine Woche abgedunkelt.

 

Später, ich weiss nicht wann es eigentlich anfing, bekam ich eine Verkalkung der Hornhaut, die sich von der Nase in Richtung Augenmitte ausdehnte. Diese ist oft unangenehm und immer wieder auch schmerzhaft. Dagegen nehme ich künstliche Tränenflüssigkeit. Da durch die Verkalkung und die Spuren der Therapien im Kindesalter, der Tränenfilm reisst. Mein Sehvermögen wird durch diese Verkalkung, auch stark beeinträchtigt. Ich sehe unscharf und Nebel, dieses wird in der Zukunft wohl auch noch zunehmen.

 

Mein aktuelles Sehvermögen liegt bei 10 Prozent, dass ist der Messbare Wert, real ist es eher weniger, da es immer von vielen Faktoren abhängig ist.

 

Soweit ist dies meine Krankengeschichte zu RB und dessen weiteren Verlauf. Ich weiße darauf hin, das die Medizin in den 38 Jahren viele Fortschritte gemacht hat. Selbst bei meinem 7 Jahre jüngeren Bruder ist es ganz anderes verlaufen.

 

Wir haben die vererbbare Form von RB. Wir sind 3 Geschwister, wobei unsere ältere Schwester die Krankheit nicht hat. Sie hat 4 Kinder (3 Mädchen und 1 Junge) die die Krankheit auch nicht bekommen haben. Mein Bruder hat einen Jungen, wo die Krankheit auch auftrat. Ich selbst habe keine Kinder.

 

 

 

Die Geschichte von Lukas:

Am 01. September 2010 habe ich mein zweites Kind zur Welt gebracht, alles völlig normal und Gesund. Mir fiel bereits vor längerer Zeit auf, dass mein Kind sehr gut Dinge mit seinen Augen verfolgte aber mir nie in die Augen schaute, sondern daneben, schielen war auch ein wenig dabei.

Da er noch so klein war (Ende des 1. Lebensmonat) habe ich gedacht, Mensch das ist normal, Babys dürfen in diesem Alter schielen und müssen noch nicht gut schauen können. Also dachte ich mir nichts weiter dabei, war allerdings auch bei einer Augenärztin (im 2. Monat), die ebenfalls keine Anzeichen für eine Erkrankung fand. Nach und nach fiel mir auf, dass sich das linke Auge je nach Lichtverhältnissen spiegelte bzw. wie ein Katzenauge aussah (es hat ein wenig geleuchtet). Zudem habe ich mich einfach unwohl gefühlt trotz das mein Kleiner ein sehr fröhliches und ausgeglichenes Baby war und immernoch ist. Einige Tage zuvor sah ich eine Reportage über ein kleines Mädchen das an Augenkrebs litt (was durch ein Foto entdeckt wurde), bis dato wusste ich nicht einmal das es so etwas überhaupt gab bzw. gibt. Komischer Zufall. Mein Kleiner kam mir auch sehr nervös vor, er überstreckte sich teilweise, daraufhin bin ich mit meinem komischen Bauchgefühl nochmals zu meiner Kinderärztin gegangen.

 

Ich teilte Ihr alles wie bereits erläutert mit und bat Sie, sich den Kleinen nochmals anzuschauen, was Sie auch tat. Bei der Kontrolle in die Augen stellte Sie fest, dass ein Auge mehr "weiss" zeigte, ersparte mir aber weitere Details (wahrscheinlich um keine Panik zu verbreiten) und gab mir eine Überweisung ins Krankenhaus (direkt) mit dem Verdacht auf ein Retinoblastom. Ich war schon ziemlich überrascht, sagte noch; Ach ist wahrscheinlich nur eine Entzündung und ging mehr oder weniger lachend aus der Praxis. Gesagt-Getan, ich fuhr in die Uniklinik nach Düsseldorf, wo ich bis tief in die Nacht mit einer jungen Augenärztin meinen Kleinen untersuchte und mir mehr oder weniger mitgeteilt wurde, dass es sich hierbei um einen Tumor (Retinoblastom) im Auge handelt, an Augenkrebs hatte ich in diesem Moment allerdings nicht gedacht bzw. war mir das nicht bewusst. Wie ich mich in diesem Moment fühlte muss ich sicher nicht beschreiben.... zum Glück war meine Schwester in diesem schweren Moment bei mir und unterstützte mich seelisch.

 

Nach drei Tagen (MRT usw.) wurden wir an die Experten nach Essen ins Klinikum weitergeleitet, die nach sorgfältiger Untersuchung leider den Befund bestätigten. Bisher ist ein Auge betroffen und weil es so früh bemerkt wurde, kann das Auge evtl. gerettet werden. Wäre dieser Tumor nicht aufgefallen was ohne Foto und vorallem Wissen sehr schwer ist, wäre mein Kleiner laut den Unikliniken recht schnell verstorben, da dieser unbehandelt zum Tod führen kann.

Wir starteten einige Tage später mit einer systematischen Chemotherapie

(2 Blöcke waren geplant und im Anschluss, wenn möglich eine lokale Behandlung (Brachy-Therapie). Eine Chemo ist für so ein kleines Wesen nicht ohne, jedoch wollten wir diese Chance als erstes nutzen, bevor wir eine komplette Augenentfernung in Erwägung ziehen, auch die Ärzte gaben uns viel Hoffnung und waren absolut für einen Augenerhalt. Die Chemotherapie schlug wunderbar an, der Tumor verkalkte und ging von ca. 6mm auf ca. 3mm zurück. Jedoch war eine Brachytherapie nicht möglich, die Ärzte empfohlen uns insg. 6 Blöcke Chemo (weil der Tumor am Sehnerv lag und somit eine "Streuung vorliegen konnte), die wir dann nach etlichen Gesprächen mit verschiedenen Ärzten und viel Mut durchgezogen (es fehlten also noch 4 Blöcke) haben. Lukas steckte die Chemos wunderbar weg, er reagierte gut, klarerweise hatte er zwar auch seine "Nebenwirkungen" wie Haarausfall und Erbrechen aber im grossen und ganzen bis auf Chemo 5 hat er das sehr sehr gut gemeistert. Nach Chemo 5 bekam er die Schweinegrippe, die er sich von seiner Schwester wegholte, also lag ich mit beiden Kids in Karantäne. Zudem bekam er später noch eine Lungenentzündung. Chemo 6 war gut und wir waren endlich FERTIG. Ich fühlte mich direkt ja wie soll ich sagen befreiter, ich kam mir die letzten Monate so isoliert und eingesperrt vor. Es war eine sehr sehr harte Zeit im Krankenhaus und auch Zuhause. Mein Mann war eher selten da, schliesslich musste der Alltag weitergehen, meine Tochter (3 Jahre) litt und leidet noch immer sehr darunter. Immer diese Angst Lukas könnte Fieber bekommen o.ä. ich habe so extrem aufgepasst, konnte meine Tochter aber nicht auch noch aus dem Kindergarten nehmen (um Ansteckungen zu vermeiden), alles steril halten, das war so ein Stress, alles in diesen Monaten ging rasend schnell vorbei, was gut und schlecht war. Auch die Krankenhausaufenthalte waren nicht immer angenehm, durch die Wartezeiten bis er mal seinen ZVK (Halskatheter bekam der Rekord lag bei 12 Std, nüchtern) waren manchmal nicht gerade positiv und brauchten viel Stärke und Energie.

Nachdem die letzte 6. Chemo abgeschlossen war, die mich um ehrlich zu sein laut Berichten und Protokollen sowie von Eltern nicht überzeugte, auch wenn der Tumor verkalkt war, hoffte ich das bei den anstehenden Kontrollen keine Rezidive vorlagen. Jedoch sah man die ersten Rezidive bereits 5 Wochen nach der letzten Chemo. Erschrocken war ich nicht gerade, da ich damit gerechnet habe, allerdings nicht so schnell. Aber gut, ich dachte sofort an eine Augenentfernung, um Lukas weitere negative Erlebnisse sowie Medikamente zu ersparen, mein Mann hingegen war und ist immernoch für den Augenerhalt. Wir mussten uns also wieder entscheiden, diese Entscheidungen haben einen machmal echt fertig gemacht, nicht weil wir nicht dazu Imstand waren oder sind sondern weil wir das Beste für unser Kind wollten bzw. wollen. Also gingen wir der Empfehlung einer Melphalan-Therapie (Lokale Chemo direkt ins Auge) nach wobei wir ganz ehrlich gesagt viel Mut dazu brauchten, da uns die Nebenwirkungen bei diesem Eingriff  überhaupt nicht gefielen und wir kein Risiko eingehen wollten. Aber unser Augenarzt der unser ganzes Vertrauen hat, überzeugte uns nach langen Gesprächen. Nach ca. 4 Std. hatten wir unseren kleinen Lukas zurück und bis auf 40 Fieber und ein extrem geschwollenes Auge war alles gut. Wir waren überglücklich und uns ist ein Stein vom Herzen gefallen. Jetzt heisst es abwarten und positiv denken, was wir seit eh und je machen. Alle 4-6 Wochen steht eine Augenkontrolle unter Narkose an und jedesmal hoffen wir das es positiv für unseren kleinen Helden Lukas ausgeht. Es ist sicherlich gut auf sein "Gefühl" zu hören aber trotzdem empfehle ich, auch wenn man keine Garantie hat, auf Ärzte zu hören und Ihnen zu vertrauen. Was aber immer am wichtigsten ist (ich konnte das bei Lukas und auch bei anderen Kindern sehr gut beobachten); Schenken Sie ihrem Kind jeden Tag ein lächeln, geben Sie ihm Mut und denken Sie positiv. Diese Positivität ist für ihr Kind und ihre Familie sehr wichtig und schweisst noch mehr zusammen. 

 

Manuela Ceresa